von
filofaxi
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15.01.2021, 16:22
Man kann keinen wissenschaftlichen Satz dagegen immunisieren, als richtig (bzw. wahr) oder falsch (bzw. gelogen) betrachtet zu werden, sondern nur Menschen geistig dagegen immunisieren, einen Satz kritisch zu überprüfen, und damit wissenschaftlich zu denken, indem man ihnen einsuggeriert, bereits die Wahrhaftigkeit eines Verkünders sei ein Garant dafür, dass das, was er verkündet, auch mit der Realität übereinstimme, sodass man getrost auf eine eigene Vergewisserung verzichten könne.
Das gilt allerdings nicht nur für Verkünder von gesellschaftlichen Ideologien, sondern auch von Wissenschaftspäpsten, die so auf ihre Erkenntnisse fixiert sind, nachdem sie auch von Gleichgesinnten eine große Anerkennung erfahren haben, dass es Niemand von ihnen mehr wagt, den weltanschaulichen Unsinn, den die jeweilige Ikone außerdem noch als „Weisheit“ von sich gegeben hat, in Frage zu stellen.
Die jeweiligen Anhänger eines Personenkultes - der davon lebt, dass die Person, die sie verehren, gegensätzlich gegen eine Andere abgrenzen, die sie verachten - , tendieren dazu, besonders schnell Opfer solcher Verkünder mit machtpolitischen Interessen zu werden, nachdem ihnen die geistige Distanz zur Sache verloren gegangen ist.
So wittern sie bereits durch den einfachen Satz, wie etwa: „Der schwarze Schwan schwimmt auf See des Dortmunder Westfalenparks!“ bei ihren Gegnern sofort eine Irreführung, wenn sie bisher davon ausgegangen sind, dass Schwäne nur weiß sein können, um sich rechthaberisch über ihren Gegner zu erheben, während die Anhänger sofort bereit sind, sich dem Angebeteten zu unterwerfen und dabei ihr falsches Vorurteil zu korrigieren, um ihm zu gefallen, wobei dieses jedoch nicht durch wissenschaftliche Falsifikation geschieht, sondern durch braves Nachplappern als Akt ihres bereitwilligen Gehorsams.
Die Trotzreaktion bei der Abwehr unangenehmen (An-)Eerkennens, dass das, was eine unliebsame Person verkündet hat, richtig ist, weil es mit der Realität übereinstimmt, kann bei besonders fanatischen und damit auch ignoranten Gegnern auch dazu führen, dass sie sich an Details festbeißen, die gar nicht wesentlich sind, wie etwa, dass sich der schwarze Schwan ja auch im Essener Grugapark habe befinden können, was jedoch mit dem Wesen des Schwans genauso wenig zu tun hat, wie mit dem landläufigen, falschen Vorurteil, dass die Farbe Weiß dazugehöre, sodass ein weißer Schwan eine Tautologie sei.
In Bezug auf eine sogenannte „Verantwortung“ dafür, was Jemand wie verstanden hat, anstatt der Verantwortung eines Verkünders für das, was zu verkünden er beauftragt wurde, so ist hierbei der Begriff "Verantwortung" genauso unangebracht, wie der der „Verifikation“ (dh. Bewahrheitung durch Glaubhaftmachung) eines Glaubwürdigen, wenns in Wirklichkeit um die ontologische „Richtigkeit“ der Behauptung etwa eines Zeitzeugen im Sinne der "Abbildungsgleichheit (oder Gleichgerichtetheit) seiner Aussage mit der vergangenen Realität" geht, bei der trotz seiner Wahrhaftigkeit ein Perspektiven- und damit Ansichtsbedingter Irrtum niemals ausgeschlossen werden kann.
Außerdem kann nicht eine Ansicht richtig oder falsch sein, sondern höchstens das, was der Betrachtende daraus folgert, wobei das, was er logisch richtig daraus schließt, während er das Offensichtliche ignoriert, sowohl der größte Unsinn sein kann, als auch der Weisheit letzter Schluss, wie es bei Analogien der Fall ist, die ein höheres Verständnis für dieselbe Struktur erfordern, wenn man mit ihnen Etwas beschreiben will, was ein Anderer noch nie selber erlebt hat, sodass bei ihm wenigstens eine ähnliche geistige Vorstellung davon entsteht, wenns schon nicht dieselbe ist.
Da man die „Rektifikation“ eher im Sinne einer „nachträglichen Richtigstellung“ als Rechtfertigung seiner eigenen Schlussfolgerung gegen die negative Kritik durch Andere anwendet, gerät man damit genauso in Widerspruch gegenüber Demjenigen, der Etwas Anderes gesagt hat, wie mit einer „Falsifikation“ der nur scheinbar richtigen Behauptung eines Anderen durch den Beweis der Richtigkeit des Gegenteils.
Das führt leicht zur Auseinandersetzung mit der Person des Anderen, anstatt nur mit seiner Aussage – so, als habe man ein Recht auf Richtigkeit oder gar Wahrhaftigkeit bei ihm, welches es einzufordern gilt.
Bei der eigenen wissenschaftlichen Überprüfung seiner Aussagen hingegen, wird wohl eher eine vorher als richtig angesehene Folgerung nachträglich falsifiziert, bevor man sie tätigt, anstatt umgekehrt eine vorher als falsch erkannte Folgerung nachträglich rektifiziert, wobei sich dem Wissenschaftler die Frage nach der eigenen Wahrhaftigkeit und der Enttarnung einer eigenen Lüge durch nachträgliche „Verifikation“ und die damit bewirkte Wiederherstellung der eigenen Glaubwürdigkeit gar nicht stellt.